Wer die verschiedenen Orte und Menschen der Elbinsel Wilhelmsburg kennenlernen will, hat dazu kaum eine kreativere Möglichkeit als das Musikfestival 48h Wilhelmsburg. In diesem Jahr versetzten um die 500 Musiker vom 8. – 10. Juni den Stadtteil in Schwingungen. Gerockt, gelauscht und mit den Füßen gewippt wurde zumeist vor Ort, in Cafés, Geschäften, im Freien auf der Brücke, im Garten und an diversen anderen möglichen und unmöglichen Orten. Dabei liegt der Charme des musikalischen Wochenendes vor allem darin, dass an sehr vielen unterschiedlichen Orten sehr verschiedene Musikstile zu hören waren.
Für uns begann das melodische Wochenende am Freitag abend im Biergarten unten am Ernst-August-Kanal mit einer Wilhelmsburger Formation, die unter anderen Weisen aus Osteuropa und aus dem Süden Afrikas spielte. Der erste Ortswechsel brachte uns in einen kultigen Frisiersalon, wo zwei jugendliche Rapper ihr Publikum mit Hits wie „Bier in der Bahn“ in entspannte Bewegung brachten. Danach klang der Sommerabend mit einer Fußball-Übertragung auf dem Stübenplatz aus, also wurde keine weiteren Konzerte besucht.
Der Samstag begann mit einer Barjazz Combo im Stadtteil-Buchladen, zu der die kulturelle Elite unseres Städtchens ihr Wochenend-Shopping unterbrochen hat. Platz war rar, Frischluft kaum noch vorhanden, doch der Laden rockte. Am gleichen Abend genossen wir in unserer Stammkneipe die Darbietungen eines weiblichen Paares, das lose Lieder aus den golden Twenties zum Besten gaben – unterbrochen hin und wieder durch Fernseh-Fußball-Geräusche und die fauchende Espressomaschine. Zum Ausklang des Abends gaben wir uns dann noch den Auftritt der funkigen Wilhelmsburger Lokalheroen in der durch einen Kinofilm zu Ruhm gekommen Lagerhalle. Sie brachten die Halle zum Kochen, bis der Strom ausfiel. Und dann wieder, als der Fehler behoben war. Schließlich schleppten wir uns erschöpft nach Hause, um unsere Ohren eine Pause und uns wenige Stunden Schlaf zu gönnen, bevor es am Sonntagmorgen zum Kinderbauernhof ging.
Dort erwartete uns eine neugierige Riesensau, ein müder Schlittenhund und ein Duo, das aus aller Welt zusammengetragene Weise kindgerecht blies und quetschte. Vom Bauernhof gings nach kleiner Dönerpause zu einem Café auf der Veddel, wo die Beiden von eben mit ihrer Band die erwachsene Version eines schwedischen Kinderlieds zum Besten gaben. Und wieder schwangen wir uns auf’s Rad und strampelten zu einem Häuschen mit Garten. Hier lud eine bekannte Wilhelmsburger Musikerfamilie zum Gartenfest mit Kaffee, Kuchen und gegrilltem Bauchspeck. Musikalisch begleitet wurde der entspannte Sonntagnachmittag vom Sohn der Familie persönlich, der mit seinem über weit die Grenzen Wilhelmsburgs hinaus gefeierten Jazztrio die auf dem Rasen Sitzenden begeisterte. Jetzt noch kurz im Bürgerhaus vorbei gucken, die Wiederauferstehung der Blues Brothers feiern, ein Glas Sekt mit den Verstaltern leeren und dann wie ein müder Sack aufs heimatliche Sofa fallen. Ein musikalischer Marathon! Wir freuen uns schon aufs nächste Mal!
Die Mitwirkenden in der Reihenfolge ihres Auftretens:
– Elbinsel VII
– Karius & Baktus
– Tabasco
– Duo Dekolletée
– Natural High Orchestra
– Ulrich Kojo Wendt & Anne Wiemann
– UKW Band
– Kako Weiss Trio
– Gaatebogie feat. Körrie Kanter
Übrigens: Fotos von letzten Jahr finden sich hier.
13. Juni 2012