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Ich will zurück nach Wilhelmsburg

Mittwoch, 31. August 2011

Vor ein paar Wochen haben meine Lieblingsbegleiterin und ich die Elbinsel verlassen, um eine Nordseeinsel zu erkunden. Keine gewöhnliche Nordseeinsel natürlich, sondern „die“ Nordseeinsel, auf der mehr Starlets als Hühner herumlaufen, wenn man der Klatschpresse glauben darf. Das Wetter war gewöhnungsbedürftig, die Preise auch, von den Prominenten sahen wir vor allem Hecken und äußerst kostspielige Fahrzeuge. Dieser neumodische Trend des Autos-Anzünden scheint nicht bis hier vorgedrungen zu sein, was komisch ist, normalerweise übernimmt man doch den Hauptstadt-Lifestyle ungefragt.

Was soll ich sagen? Es hat nicht ganz bis zum Ende des ersten Tages gedauert, bis das Heimweh nach der Elbinsel so deutlich zu vernehmen war wie das Tuten der QM2 von den Landungsbrücken. Dieses ganze Getue, das einen von Gosch bis zur Friedrichstraße nicht in Ruhe lässt, dieser Herdentrieb zur Sansibar, das alles erinnert mich an einen überdimensionierten Friseursalon der Extraklasse, recht so, der Herr, recht so die Dame? Selbst der „Dorfgasthof“, wo wir am ersten Abend unser Bier zu genießen versuchten, verfügte über eine eigene Fashion Range, an den Wänden hingen käufliche Gemälde und im Klo konnte man sich mit Eau de Toilette Marke Sylt vollspritzen.

Erst als wir vier Tage später aus dem Regionalzug purzelten, wusste ich, was ich vermisst hatte: Vor lauter Porsche SUVs gabs keine Trucks & Trailers, alle Menschen waren weiß und sprachen deutsch, alle Restaurants machten auf „was Besonderes“. Nichts war einfach so, wie es war. Außer natürlich die Dünen. Aber Dünen sind nicht so meins.

Kochen macht glücklich. Musik aber auch.

Dienstag, 16. August 2011

Fernsehen ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, weshalb ich auch keinen Apparat dazu im Haushalt vorhalte. Das Vertrackte am TV ist, dass es einem das Gefühl gibt, man sei bei einem Ereignis live dabei, doch das stimmt nicht. Besonders klar ist mir das wieder geworden, als ich die Aufzeichnung einer Fernsehshow miterleben durfte. Nicht irgendeine Show natürlich – ich setz‘ mich doch nicht in Gottschalks Arena – sondern die coolste Show überhaupt: „Konspirative KüchenKonzerte“ heisst sie, produziert wird sie in der Küche des Moderators Marco Antonio Reyes Loredo in Hamburg-Wilhelmsburg. Am Samstag, 13.8.2011 traf dort die Band Superpunk auf den Künstler Armin Chodzinski. Ich war dabei – in der letzten Reihe ganz links!

Vielleicht hatte ich ja gedacht, da probieren ein paar Leute mit einer Videocamera herum. Weit gefehlt! Vor den Kameras wird gekonnt über Anzugmode, Gustav Metzger und die Ealing School of Art parliert, dahinter herrscht eine ebenso professionelle wie gutgelaunte Atmosphäre, dass sich meine Augen nie entscheiden können, wohin zuerst gucken. Eine Fernsehshow unter live-Bedingungen aufzuzeichnen ist so wie einen Großsegler zu fahren: Jeder hat seine Aufgabe, jeder Griff sitzt, die Kameraleute flitzen in Höchstgeschwindigkeit zwischen den Zuschauern durch, stützen sich auch mal auf fremdem Schultern ab. Der Aufnahmeleiter gibt Kommandos in sein kleines Mikro, während die Wünsche der Regie aus dem Container vor der Tür in seine Ohren strömen. Die Maske wischt, tupft und reinigt auch mal den Anzug des Moderators. Die Set-Fotografin ist überall gleichzeitig, als hätte sie fünf Zwillingsschwestern dabei. Der stumme Diener mixt, serviert, mixt, serviert, als hätten die Hunnen Harrys New York Bar gestürmt. Und natürlich gibt es darüber hinaus noch mindestens 100 helfende Hände, die hier nicht erwähnt werden können.

Mir macht es immer wieder Spaß, Leuten zuzusehen, die machen, was sie wollen. Vor allem, wenn sie es so gut können wie die „Köche“ der Konspirativen KüchenKonzerte. Am 2.9.2011 kann man die Show übrigens in ZDF Kultur erleben – aber eben nur im Fernsehen.